Zusammenhang Segelstreckung und Geschwindigkeit

  • Cut Away & North ??? :/ nicht, das ich wüßte, das die offiziell auf dem Markt waren

    F2 Power Control ... hatte ich selber mal in 5,1 m2

    ART klar

    Waren die auch nicht. Aber bevor Monty Spindler mit A.R.T. auf den Markt gegangen ist, hat er das Projekt bei North vorgestellt. Eckhard Wagner (damaliger North Chef) fand das interessant....mehr ist dann aber auch nicht draus geworden.

  • Vor allem würde ich auch dieser "Theorie" widersprechen wollen ...

    Ich will damit nicht die Entwicklungsarbeit der Hersteller schmälern. Vor allem kennt ihr den konkreten Verlauf viel besser als ich - hatte seit Mitte 90er bis letzen Sommer Surfpause.


    Aber - so die gängige Theorie von damals - das Ideal eines Riggs als möglichst gutes Verhältnis von Auftrieb zu Widerstand, mit ein paar Randbedingungen - was durch eine möglichst elliptische Auftriebsverteilung erreicht wurde - das sich mit zunehmendem Twist im Segel dramatisch verschlechtert (Marchaij) - weswegen zB sportlich orientierte Segler den Twist über die Grosschot fix einstellen, und den Anstellwinkel insgesamt über einen Traveller fahren. Druckpunktstabilisierung durch vorgespannte, möglichst starre Profile. Was auch heute noch so kommuniziert wird und ignoriert, dass selbst bei komplett starren Profilen der Druckpunkt mit dem Anstellwinkel wandert. Letztendlich das Rigg als Kompromiss zwischen Aerodynamik und Handhabbarkeit.


    Die Darstellung von Dr. Spinout unterscheidet sich ganz grundlegend davon. Hier wird das Rigg mit der halben Seite eines Nurflüglers verglichen, der seine Längsstabilität gerade aus der aerodynamischen Schränkung bezieht - gerade die Kombination von seitlichem Flex und Twist im Segel machen den Druckpunkt in Längsrichtung stabil - aus der Not wird eine Tugend - und als Sahnehäubchen wird die die "aktive" Fläche mit zunehmendem Druck immer kleiner - was heute deutlich grössere Flächen bei viel Wind beherrschbar macht.


    Die Sache ist - man kommt innerhalb eines Theoriengebäudes nicht von A nach B. Keinem Aerodynamiker würde es einfallen, ein komplett loses Schlabberliek zu konstruieren - genausowenig wie die diagonal versetzten Konkaven eines Herrn Lessacher. Nur über einen Geistesblitz, der durchaus zufällig auftritt - oder über einen anderen Zufall wie den behaupteten Schnittfehler - den ich für völlig plausibel halte.


    Ist der Gedanke, die Idee, die Beobachtung, jedoch ersteinmal in der Welt - dann erst schägt die Stunde der Entwickler und Wissenschaftler - die Erklärungen suchen, manchmal auch finden, diesen Effekt ausreizen, optimieren, zum Prinzip machen.

  • Wenn Du mit Segelbooten vergleichst musst Du beachten,dass sie einen besser definierten Mast haben, der je nach Typ den Notwendigkeiten besser angepasst werden kann als beim Surfen.


    Ausserdem können Segelboote durch die Kränkung effektiv Druckspitzen abfedern, das können wir nicht, daher ist das übermässige Twistverhalten der Surfsegel eine Notlösung für die Praxis.

  • Bei Segelbooten ändert man den Twist sehr genau nach dem Wind. Wenig Wind = wenig Twist
    Windstärken, die beim Surfen üblich sind, erfordern auch beim Segeln Twist und flacheres Profil, was man
    über Mastbiegung (wenn Achterliek vorhanden) und Unterliekstrecker etc. einstellt.


    Was die „Erfindung“ des Loose Leech angeht, ist die Sache einfacher als gedacht: Trimmt man ein älteres
    bauchiges Segel (mit Cambern) mit zu viel Downhaul, entsteht auch dort ein gewisses Loose Leech.

  • Bei Segelbooten ändert man den Twist sehr genau nach dem Wind. Wenig Wind = wenig Twist
    Windstärken, die beim Surfen üblich sind, erfordern auch beim Segeln Twist und flacheres Profil, was man
    über Mastbiegung (wenn Achterliek vorhanden) und Unterliekstrecker etc. einstellt.


    Was die „Erfindung“ des Loose Leech angeht, ist die Sache einfacher als gedacht: Trimmt man ein älteres
    bauchiges Segel (mit Cambern) mit zu viel Downhaul, entsteht auch dort ein gewisses Loose Leech.

    genau so ist es. Es war doch schon lange eine Binsenweisheit , dass man bei viel wind das Vorliek stärker durchsetzt. Ganz früher wurden den Profile dadurch aber auch zunehmend flacher; erst mit moderneren Camber-Segel wurde Profiltiefe und Liekspannung mehr entkoppelt. Dann haben bessere Masten noch ein Übriges getan.


    Zum Betreff dieses threads zurück: das höhere Streckung von Vorteil ist , kann man aktuell gut bei den neuen Foil-Segeldesigns beobachten. Bin keine Foil-experte, aber offensichtlich sind beim Foil aufgrund der Hebelverhältnisse grössere Streckungen besser realisierbar. Bei Windsurfsegeln leidet wohl durch extreme Streckungen das Handling zu sehr. Seit Jahren stell man dort fast keine Änderungen mehr fest.

  • Ich glaube, dass beim Foilen das Handling, oder besser gesagt, das subjektive dynamische Verhalten (nicht das Halsenhandling), nicht mehr soo eine Rolle spielt wie beim normalen Windsurfen. Das ganze System bewegt sich (relativ) doch nicht mehr, es steht wie angenagelt da. Beim normalen Windsurfen bockt und schlägt das Ganze ja durch die Wellen bzw. den Chop. Und durch die Höhe über dem Wasser und die längeren Masten kommt das Segel durch den Windgradienten auch in Höhen mit (geringfügig) mehr Wind. Just my two cents.

    Wer sich hinter meinem Rücken den Mund über mich zerreißt, ist genau in der richtigen Position um mich am.......

  • Ich glaube, dass beim Foilen das Handling, oder besser gesagt, das subjektive dynamische Verhalten (nicht das Halsenhandling), nicht mehr soo eine Rolle spielt wie beim normalen Windsurfen. Das ganze System bewegt sich (relativ) doch nicht mehr, es steht wie angenagelt da. Beim normalen Windsurfen bockt und schlägt das Ganze ja durch die Wellen bzw. den Chop. Und durch die Höhe über dem Wasser und die längeren Masten kommt das Segel durch den Windgradienten auch in Höhen mit (geringfügig) mehr Wind. Just my two cents.

    Das kann ich mir auch vorstellen.


    Und wenn Foilen eher im schwächeren Windbereich bleiben wird könnte das Konzept von Mistral / Hr. Prade interessant werden.


    Jedenfalls wird die Entwicklung der Surfsegel und Foilsegel auseinanderlaufen, vielleicht für das ganze Rigg, da die Anforderungen letztendlich unterschiedlich sind.

  • Zum Betreff dieses threads zurück: das höhere Streckung von Vorteil ist , kann man aktuell gut bei den neuen Foil-Segeldesigns beobachten. Bin keine Foil-experte, aber offensichtlich sind beim Foil aufgrund der Hebelverhältnisse grössere Streckungen besser realisierbar. Bei Windsurfsegeln leidet wohl durch extreme Streckungen das Handling zu sehr. Seit Jahren stell man dort fast keine Änderungen mehr fest.

    Dass eine große Streckung hinsichtlich des induzierten Widerstands von Vorteil ist, wird wohl niemand bestreiten. Mit Randbedingungen - etwa dem vom Surfer aufzubringendem Moment um die Längsachse - wird optimal aber ungleich maximal - (erstmal) unabhängig vom Handling.


    Beispiel - ein extrem hohes schmales Rigg wird einen geringen induzierten Widerstand haben - jedoch aufgrund des hohen Druckpunktes nur eine geringe Gesamtkraft entwickeln dürfen, ohne den Surfer über Bord zu katapultieren.


    Umgekehrt - ein extrem kurzes und breites Segel - mit tiefliegendem Druckpunkt noch unter dem Gabelbaum - würde von den Gleichgewichtsbedingungen her eine viel höhere Gesamtkraft nutzbar machen - jedoch einen sehr hohen induzierten Widerstand bedeuten.


    Ein Optimum muss also irgendwo dazwischen liegen - und ich denke nach jahrzehntelangen try and error liegen wir da nah dran.


    Warum das beim Foilen anders entwickelt: Beim Surfen wird durch close the gap die effektive Streckung nahezu verdoppelt - beim frei über dem Wasser schwebenden Foil jedoch nicht - oder nicht in dem selben Maße. Deshalb wiegt hier der aerodynamischen Nachteil einer geringen Streckung entsprechend mehr - das Optimum verschiebt sich. Ist aber nur ne Vermutung, hab keine Erfahrung mit Foilen.

  • sehr gut erklärt!

  • Beim Surfen wird durch close the gap die effektive Streckung nahezu verdoppelt -

    Verstehe ich nicht. Bitte um Erklärung Festus


    Mein Grund des Verwirrung: Close the gap bringt mehr Rake mit sich. Müsste nicht bei annähernd vertikalem Mast die höchste Streckung (aspect ratio/Seitenverhältnis zwischen Anströmkante und Chord) sein?

  • Beim Surfen wird durch close the gap die effektive Streckung nahezu verdoppelt -

    Verstehe ich nicht. Bitte um Erklärung Festus


    Mein Grund des Verwirrung: Close the gap bringt mehr Rake mit sich. Müsste nicht bei annähernd vertikalem Mast die höchste Streckung (aspect ratio/Seitenverhältnis zwischen Anströmkante und Chord) sein?

    Wenn eine Strömung nicht "frei" ist - sondern durch irgendwelche Flächen begrenzt wird, die nicht sehr weit weg sind - wirken die ähnlich wie ein Spiegel. Dh, du musst eine Strömung um einen Flügel im Zusammenhang mit seinem "Spiegelbild" bestrachten. Beim Surfsegel sieht das ETWA so aus:


    flügel.gif


    Während bei aufrechtem Rigg Segel und Spiegelbild sich ähnlich wie zwei einzelne Flügel verhalten - ergibt sich bei verhindertem Druckausgleich über die Unterkante eher das Verhalten eines Gesamtflügels. Und es wird nicht nur der Randwirbel ums Unterliek verhindert - sondern auch der ums Top vermindert - weil der Druckausgleich über einen (virtuell) grösseren Weg erfolgt, der Gradient also kleiner wird.


    Der Effekt, wenn man das Unterliek bis oder fast aufs Deck runterzieht, ist auch deutlich spürbar.

  • Hm, ich tu mich mit Deiner Erklärung etwas schwer. Vor allem mit der "Spiegelbild"-Erklärung und der verdoppelten Streckung. Die nimmt doch mit mehr Riggneigung nach hinten ab (S=l²/A). Oder? Nach welchen Gesetzen muss ich das betrachten? Durch welche Flächen wird die Strömung begrenzt? Durch das Wasser? OK, aber nur, wenn man das Brett vernachlässigt.


    Durch das close-the-gap wird der induzierte Widerstand natürlich deutlich reduziert, aber es kommt ein Interferenzwiderstand Rigg2Brett (Flügel2Rumpf) dazu.

    etc. etc. Fragen Fragen Fragen

    Wer sich hinter meinem Rücken den Mund über mich zerreißt, ist genau in der richtigen Position um mich am.......

  • Hm, ich tu mich mit Deiner Erklärung etwas schwer. Vor allem mit der "Spiegelbild"-Erklärung und der verdoppelten Streckung. Die nimmt doch mit mehr Riggneigung nach hinten ab (S=l²/A). Oder? Nach welchen Gesetzen muss ich das betrachten? Durch welche Flächen wird die Strömung begrenzt? Durch das Wasser? OK, aber nur, wenn man das Brett vernachlässigt.


    Durch das close-the-gap wird der induzierte Widerstand natürlich deutlich reduziert, aber es kommt ein Interferenzwiderstand Rigg2Brett (Flügel2Rumpf) dazu.

    etc. etc. Fragen Fragen Fragen

    Das ist natürlich eine idealisierte bzw stark vereinfachte Darstellung. Und ja - die Spannweite des Einzelflügels wird durch die Riggneigung geringer - bei 30° um ca 13% (=1-cos(30°)). Und ungünstige Effekte kommen noch hinzu - etwa eines gepfeilten Flügels gegenüber einem senkrechten Ellipsenflügels in Bezug auf den induzierten Widerstand.


    ABER:


    Tatsache ist, dass durch den Druckausgleich an den Flügelenden der Auftrieb von der Mitte her zu den Enden abfällt - selbst wenn der Flügel rechteckig und nicht geschränkt ist. Das gilt für das aufrecht stehende Segel natürlich an beiden Enden. (Wenn unten vielleicht auch nicht so stark wie in komplett freier Strömung)


    Wenn es dir aber gelingt, diesen Druckausgleich am unteren Ende zu verhindern oder stark zu reduzieren - dann reduzierst du auch die Abnahme des Auftriebs in diesem Bereich - heisst das Segel wird dort cm² für cm² wirksamer. Das ist für den Bereich unterm Gabelbaum besonders wertvoll - denn hier ist das Verhältnis von Moment (der begrenzten Resource, über die du verfügst) und Kraft (die du damit kontrollieren kannst) am höchsten. Auch das natürlich relativiert (Windgradient über der Wasseroberfläche, spitzerer Einfallswinkel des scheinbaren Windes im unteren Bereich)


    Auch die Faustformeln für die Aerodynamik spiegeln lediglich idealisiertes Verhalten. Aus deinem Beispiel


    S = l² / A ...... wird mit Spiegelbild

    S' = (2l)² / (2A) ..... oder aufgelöst

    S' = 2 * l²/A = 2S


    Aber wie gesagt - idealiisiert auf einen vollständig geschlossenen Spalt, und eine komplett ebene Wasserfläche, ohne Einfluss des Boards. Ich glaube aber, das die Verhinderung des Druckverlustes im unteren Bereich diese anderen genannten Effekte deutlich überwiegt. Man spürt es, wnn man das Unterliek wirklich aufs Deck legt. Oder ich bilde mir das ein ...


    Natürlich bin ich kein Profi-Aerodynamiker - und erhebe auch nicht den Anspruch.

  • Die Chord Length wird ja mit mehr Rake etwas kürzer, aber wie sehr m Verhältnis zur sich ebenfalls verkürzenden Anströmkante? Bewirkt das eine Streckung?


    Anstellwinkel der vom gleichen Punkt an der Anströmkante ausgehenden Chord Length wird kleiner, was passiert mit relativer Profiltiefe und deren Lage?


    Dass Druckausgleich ums Unterliek bei Close the Gap stark verringert wird, ist schon klar - aber ist es nur das, was den Effekt ausmacht? Segeldruckpunkt (CoE) geht beispielsweise auch etwas runter, Board wird noch weiter heckwärts belastet, da CoE nicht nur runter, sondern auch nach achtern geht, Leegierigkeit durch das Railen über die Leekante wird kompensiert, ...