Irgendwie habe ich den Eindruck dass einige seit Beginn der Pandemie nichts besseres zu tun zu haben als negativ über andere, hauptsächlich anders denkende Menschen zu urteilen und richten. Da kommen nette Erinnerungen und Verteidigungen, dass Menschen durchaus anders gestrickt sind und nicht jeder dasselbe denkt und sich somit ein jeder anders verhält in der Pandemie, und schon wird drauf los geprügelt.
Wenn die meisten von euch der Meinung sind, in den Urlaub zu fliegen sei unverantwortlich, dann ist das halt so. Man kann darüber diskutieren wie hoch so ein restrisiko dann im Flieger im Vergleich zu anderen heimatlichen Aktivitäten wie einkaufen ist. Aber muss das in einem solch anklagenden Tonfall sein? Wo ist der Lebensgrundsatz 'Leben, und leben lassen'? Vor allem hier hätte ich diesen Grundsatz erwartet.
Ich habe eher die Vermutung, dass viele hier selbst einstecken weil sie eine Entscheidung getroffen haben und selbst nicht ertragen, dass andere dafür weiter in den Urlaub fliegen, worauf sie selber verzichten. So etwas als unverantwortlich und egoistisch abzustempeln ist doch Käse. Lasst die Leute doch machen. Solange sie zuhause die Maske tragen, sich an die Regeln halten und vorbildlich verhalten, in dem sie sich Weihnachten beispielsweise gar nicht mit jemanden treffen, ist doch alles super. Sie fördern dafür im Gegensatz dazu die Lebensgrundlage vieler zichtausender Menschen in der aktuell aussterbenden Tourismusbranche vor der doch gerade eine Surfer Community Hochachtung und Respekt haben sollte.
Anstatt meine Gedanken und Handeln damit zu verschwenden , welche Leute ich wie anklagen kann, gedenke ich lieber den vielen leittragenden der Pandemie: In erster Linie dabei Covid19 Betroffene und Angehörige von Verstorbenen, den Alten und Kranken, die sich im Sterben oder allgemein in ihrer letzten Phase des Lebens befinden und aufgrund von Kontaktbeschränkungen alleine , ohne Familie, in dieser schweren Zeit da durch müssen. Ich gedenke darüber hinaus in erster Linie an viele Millionen Menschen deren Lebensgrundlage entzogen worden ist: Selbstständige, Arbeitnehmer in vielen Bereichen wie zb Tourismus, die ohne Job und ohne Mittel aktuell dastehen und an das über mehrere Jahre ersparte Vermögen ran müssen, um die Existenz zu bewahren. Ich gedenke an zweiter Linie an all die Retter der Gesellschaft in der schweren Zeit die weiterhin durch den Einsatz vieler Überstunden versuchen, Normalität zu bewahren: Ärzte, Krankenschwestern, Pfleger, etc. Ich gedenke auch vor allem allen Familien mit Kindern, die nicht Homeoffice privilegiert sind , die sich eher in der unteren Mittelschicht befinden , die den s
Spagat zwischen Arbeit , Kinderbetreuung und normales Leben womöglich nicht bewältigen, weil Familie oder Betreuungsangebote fehlen oder weil sich auch um die Oma gekümmert werden muss oder weil allgemein eine Krankheit vorliegt. Ich gedenke der kompletten jüngeren Generation von Babys zu Kindern zu Jugendlichen und Studenten, die (teils unbewusst, teils bewusst) extrem durch Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen leiden. Kinder im Grundschulalter entwickeln sich vor allem in der Schule in ihrer Persönlichkeit, Schulschließungen bedeuten Verluste, die nicht wirtschaftlich aufgegangen werden können, weil sie unsere Jüngsten in ihrer
Person tief prägen. Ich gedenke auch den Personen, die zu einmaligen Lebenssituationen wie Hochzeit, Beerdigung oder 1 jähriger Geburtstag keine Angehörige ujd Familie um sich haben können. Leider lassen sich vor allem letzt genannte soziale und gesellschaftliche Folgen nicht messen.
Sich jederzeit vor Augen zu halten und tiefes Mitleid für die Leittragenden der Pandemie übrig zu haben empfinde ich als weitaus wichtiger, als andere wegen womöglichem Fehlverhalten anzuklagen. Sollten sich Menschen nicht in einer schweren Zeit (und befinden wir uns nicht in einer schweren Zeit?) zusammenrücken und zusammenhalten um gemeinsam darüber hinwegzukommen? Bitte lasst uns doch weniger anklagen und weniger an die wenigen Menschen denken, die sich nicht den eigenen Vorstellungen gemäß verhalten, sondern die Gedanken an all die oben genannten Personengruppen richten. Die Kraft können diese Menschen deutlich mehr vertragen.