Ich denke, es geht um eine grundlegende Vertrauenskrise in Bezug auf Institutionen, Parteien, Staat. Und dieses grundsätzliche Mißtrauen ist erst mal auch nicht unberechtigt.
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Es ist komplex. Ich mache jetzt den Job als Krankenpfleger auch schon bald 20 Jahre - und weiss nicht wie lange ich mir das noch antun werde.
Die Vertrauenskrise sehe ich auch als das zentrale Problem.
Was die meisten Impfskeptiker aus meiner Sicht eint, ist ein tiefes Mißtrauen gegenüber etablierten Strukturen, dem Establishment - egal ob in Politik oder Medizin. Die gehen dann eben zu den vermeintlichen Alternativen: erst Alternative Liste/Die Grünen, dann Alternative für Deutschland oder Alternative Medizin. Das ist ein prozeßhaftes Geschehen über die letzten Jahre oder Jahrzehnte. Und daran haben die Etablierten aus meiner Sicht einen entscheidenden Anteil: Politik fischte in der Mitte und vernachlässigte womöglich Ränder, in der Medizin wird ökonomisiert und technisiert.
Da bleibt der Mensch (als ernstgenommener Bürger, Patient oder Mitarbeiter) auf der Strecke.
Was diese Leute zu alternativen Parteien oder Heilern treibt ist die Hoffnung, dort wahrgenommen zu werden als Menschen in ihren existenziellen Nöten. Das bieten denen weder etablierte Parteien noch Hightech-Medizin. Der AfD-Politiker (ohne Regierungsverantwortung) sagt das, was der Enttäuschte hören will, der Heiler nimmt sich Zeit: während die Etablierten nur den Kopf schütteln, bewerten, draufhauen und nun auch be-zwingen.
Das Verweigern (bei Impfung, Maske, Wahl...) ist eine mögliche Antwort auf ein Gefühl der Ohnmacht.
Resigniertes Aussteigen (wie von David1234 erwogen) oder Kämpfen (Klinik-Streiks, Corona-Demos) eine andere: je nach Persönlichkeit bzw. Temperament. Man hat seinen Feind und will sich nicht mehr länger unterwerfen lassen.
Dooferweise fühlen sich beide (extremen) Seiten im Besitz der alleinigen Wahrheit, bestätigen sich diese jeweils in ihren Blasen und drängen auf Kampf.
Das Ganze ist ein hochexplosives toxisches Gemisch.
Es gärt schon lange, jetzt, in der Krise, kocht es bloß hoch.
Die Kacke ist, daß das dem Virus alles scheißegal ist. Das freut sich über jeden Nichtimmunen.
So muß der Staat jetzt eskalieren, was bei den Extremisten unter den Impfgegnern den Widerstand pusht, die Zögerlichen wohl eher entlasten dürfte. Ihnen wird eine für sie schwere Entscheidung abgenommen. Und die wütenden Geimpften sind befriedet.
Spahn hat zu Pandemiebeginn was sehr Wahres gesagt: "Wir werden einander am Ende vieles verzeihen müssen."
Darin sind wir meist nicht sonderlich gut.
Am Rande:
Krankenhäuser sind ein Mikrokosmos. Meist hierarchisch. Da greifen die gleichen Mechanismen. Aus meiner Sicht ist es kein Zufall, daß eher "unten" verweigert wird...