Ich konnte es auch vorhin noch lesen ohne Abo
Ich habe es mal kopiert:
Es hätte ein großer Erfolg werden können, für den deutschen Solo-Weltumsegler Boris Herrmann. Mit seiner hochtechnisierten Yacht Seaexplorer war er 80 Tage und 20 Stunden beim Rennen "Vendée Globe" unterwegs - bevor er in einen Fischkutter krachte. So wurde er am Ende nur Vierter. Der baskische Fischer Josu Zaldumbide, 55, steuerte den Kutter.
SZ: Herr Zaldumbide, eine Frage vorab: Wir dürfen davon ausgehen, dass stimmt, was der Reeder Ihres Schiffes Hermanos Busto sagt? Dass also bei Ihnen nach der Kollision mit dem Segelboot von Boris Herrmann alle wohlauf sind?
Josu Zaldumbide: Ja! Unser Schiff hat ein paar Kratzer abbekommen. Herrmann hat uns mit dem Bug gerammt oder gestreift. Ein bisschen Material ist kaputt, wir haben Lackschäden, und wir haben ein bisschen pfuschen müssen, um dann den Fang noch zu beenden. Aber das alles ist ja nichts im Vergleich zu dem, was da hätte passieren können ...
Vendée Globe im Segeln
Herrmanns Hoffnung zerschellt an einem Fischerboot
Ein Riesendrama verbaut ihm die Siegchance: Nur wenige Seemeilen vor dem Ende der Weltumseglung kommt es zu einer folgenschweren Kollision. Der deutsche Segler rätselt, warum seine Alarmsysteme ihn nicht warnten.
Von Thomas Gröbner
Wir sprechen über ein Satellitentelefon. Wo erwischen wir Sie denn gerade?
Ziemlich genau da, wo sich gestern die Kollision ereignete. In französischen Gewässern also.
Sie widmen sich dem Hechtfang. Was genau ist passiert?
Wir haben gerade mit der Takelage hantiert, Backbord. Das heißt auch, dass wir alle unsere Scheinwerfer anhatten, also gut sichtbar waren ... Anders als ein Trawler ziehen wir ja kein Netz hinter uns her, sondern bewegen uns kaum vom Fleck, in 30 Minuten vielleicht eine halbe Meile. Und wir haben ihn nicht kommen sehen. Unser "AIS" hat das Segelboot auch nicht angezeigt, zu keinem Zeitpunkt.
Das AIS ist das Automatische Identifikationssystem, mit dem auf hoher See Navigations- und Schiffsdaten gesendet werden, damit eben das verhindert wird: Zusammenstöße. Boris Herrmann behauptet, dass Sie möglicherweise Ihr AIS ausgeschaltet hätten ...
Das habe ich auch gelesen. Und das sollte er nicht sagen, verdammt! Unser AIS war eingeschaltet. Zu jedem Zeitpunkt. Das garantiere ich. Erstens sind wir dazu verpflichtet, zweitens lässt es sich sehr einfach überprüfen, weil: Das wird automatisch aufgezeichnet. Mal ganz abgesehen davon, dass bei uns immer einer Wache schieben muss, rund um die Uhr. Ich weiß nicht, ob er einen AIS-Sender haben muss, oder ob dieser defekt war, oder ob er geschlafen hat ... Keine Ahnung. Aber unser AIS war eingeschaltet!
Boris Herrmann behauptet, der Kutter habe sein Automatisches Identifikationssystem nicht eingeschaltet gehabt. Der Fischer sagt: Das stimmt nicht.
Hermann hat offenbar tatsächlich geschlafen. Und dann wurde er sehr unsanft geweckt.
Das glaube ich gern. War ja auch una buena hostia (wörtlich: eine schöne Hostie, übertragen: ein ziemlicher Rumms, Anm. d. Red.). Ein paar Tauenden vertakelten sich. Ich weiß nicht, ob sich auch der Großbaum verhedderte. Ich kam aus der Brücke nicht raus, ich meine, einen bärtigen Mann gesehen zu haben, der war dann sofort wieder weg. Das ging alles sehr, sehr schnell.
Haben Sie versucht, über Funk Kontakt mit ihm aufzunehmen?
Hombre! Natürlich! Wir haben bei der Seewacht angerufen und sind hinter ihm her. Aber da hatten wir keine Chance, er war langsamer, aber für uns zu schnell. Ich habe versucht, über die Notfallfrequenz mit ihm in Kontakt zu treten. Ich wusste ja nicht, ob er zum Beispiel ein Leck hatte und voll Wasser läuft. Gemessen an seiner Geschwindigkeit ist echt wenig passiert. Mein Reeder sagt, der war mit 16, 17 Meilen unterwegs. Wir haben in der Spitze vielleicht 10. Aber er hat zu keinem Zeitpunkt geantwortet. Ehrlich gesagt: Wäre schon gut gewesen, wenn er sich gemeldet hätte. Hat er aber nicht. Wir haben uns echt Sorgen gemacht.
Und dann?
Der war so schnell weg, dass ich dachte: Ist das ein Schmuggler? Ich habe mit einem Freund telefoniert und er antwortete: Da ist doch diese Regatta! Womöglich ist das ein Segler! Mein Reeder hat dann im Internet nachgeguckt, und ja, verdammt, er fand die Regatta, die am Donnerstag in Frankreich enden sollte, und die Position dieses Drittplatzierten stimmte mit unserer Position überein.
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So sah die Reling von Josu Zaldumbides Kutter nach dem Crash aus. Da war der Weltumsegler bereits wieder verschwunden, und der Fischer machte sich große Sorgen. (Foto: Josu Zaldumbide)
Hatten Sie je von Boris Herrmann gehört, mögen Sie überhaupt den Segelsport?
Ich mag Sport, ich schau gern zu, ich liebe das Meer. Aber hier bei uns ist es nicht wie in Frankreich, wo es Sporthäfen gibt. Ich bin in Ondárroa geboren, ein Fischereihafen im Baskenland, der immer schon vom Fischfang gelebt hat und der es jetzt immer schwerer hat. Die Flotten werden immer kleiner, weil der Fischerei immer größere Schwierigkeiten bereitet werden.
Seit wann sind Sie eigentlich unterwegs?
Jetzt? Seit acht, neun Tagen. Am Wochenende geht es zurück, am Samstag oder Sonntag.
Ist das nun das surrealste Erlebnis gewesen, das Sie auf dem Meer hatten?
Sí, sí, sí ... Also mit Segelbooten, da muss man immer mal aufpassen. Aber das, was jetzt passiert ist, das ist doch wie im Film! Und dann ist er auch noch so schnell weg! Ich verstehe doch jetzt erst, dass er es eilig hatte! Dennoch hätte er schon sagen können: "Ist nix passiert." Das wäre gut gewesen.