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Heute fahre ich 24km mit dem Auto zur Arbeit, brauche ca. 25 Minuten dafür. Mein Kollege aus einem Ort in der Nähe, fährt die Strecke oft mit dem Fahrrad. Er ist theoretisch zwar noch weiter vom Ziel entfernt, kann mit dem Rad aber eine Abkürzung nehmen. Eine gute Stunde ist er unterwegs, und geht dann noch duschen, bevor er "anstempelt". Hut ab; mir ist eine Stunde, vor allem morgens, zu viel, muß ich gestehen. Ich komme eh´ nur schwer aus den Federn.
Mit den Öffis dauert die Strecke aber 1,5 Stunden, inkl. der Wartezeiten zum Umsteigen. Drei Stunden am Tag, für eine Strecke von 48km.
Also, für MICH ist das keine Alternative.
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Da habe ich größtes Verständnis, auch wenn mir eine Stunde im Auto jeden Tag auch extremst auf die Nerven gehen würde.
Und genau das ist aus meiner Sicht auch das Problem, vor dem die Politik steht: Die massiv unterschiedlichen Lebensumstände. Wie soll man das sinnvoll in Regeln gießen?
5km pendeln mit dem Auto (Verbrenner oder E-Auto mit egal wievielen Mitfahrern spielt dabei doch gar keine Rolle) ist in der Situation in der wir sind doch eigentlich nicht akzeptabel. Dazu braucht man nichtmal ein E-Bike. Günstiger ist es mit dem Rad sowieso. Irgendwann wird es dann aber zugegebenermaßen unpraktisch und wenn man auf dem Rückweg einmal die Woche den Wocheneinkauf machen will oder zum Baumarkt muss, braucht es schon ein Lastenrad.
Die Regel hieße also:
Alle, die dazu körperlich fähig sind, haben bei akzeptablem Wetter, wenn es die Transportaufgabe nicht notwendig macht, für Strecken unter 5km die keine Steigungen über x% aufweisen, bei gleichzeiter Vorhandenheit eines sicheren Fahrradweges außerorts das Fahrrad zu benutzen. Bei Vorhandensein eines Ebikes verlängert sich die Strecke auf 10km. etc. etc.
Und dann wird sich immer jemand finden, der eigentlich mit dem Fahrrad fahren müsste nach Regel, aber wegen irgendwelcher anderer akzeptabler Themen das nicht kann und dann wird die Regel länger und kriegt noch mehr Ausnahmen. Kontrollierbar ist die Einhaltung so einer Regel auch nicht. Also kann man es sich sparen.
Aber wie kriegt man die Menschen dann von den Bequemlichkeiten weg? Es ist günstiger, gesünder, besser für die Umgebung und trotzdem pendeln Leute 3km mit dem Auto. Jetzt könnte man das "günstiger" weiter forcieren in dem man den die Kosten für's Auto hebt, aber das trifft dann die, die es wirklich brauchen. Egal, wie man versucht es zu regeln, es wird immer auch für Leute persönliche Konsequenzen haben, die selbst Menschen bei denen Umweltschutz eine hohe Priorität hat, für unzumutbar halten. Und genau wegen dieser Zumutungen lassen wir es dann sein oder drehen Runde um Runde bis die Regelung so verwässert ist, dass sie auch keine Wirkung mehr zeitigt.
Aus meiner Sicht nur lösbar mit einer agileren Politik, Verwaltung und Gerichtsbarkeit und viel mehr gegenseitigem Vertrauen. Die Politik müsste sich trauen, auch unvollkommene Gesetze zu beschließen. Die Bevölkerung müsste darauf vertrauen, das schwer absehbare unerwünschte Nebenwirkungen von Gesetzen schnellstmöglich abgestellt werden. Gesetze müssten auch so offen gestaltet sein, dass die Verwaltung diese im Sinne des demokratischen Konsenses auslegen kann und wir bräuchten Gerichte, die im Zweifel schnell für Klarheit sorgen könnten. Es bräuchte auch Vertrauen der Bürger ineinander, dass offenere Regeln nicht ausgenutzt werden, sondern jeder sein möglichstes tut. Wir bräuchten das Verständnis in der Bevölkerung, dass jeder seinen Beitrag zu leisten hat und dass die Regeln da einfach Hinweise geben, was man machen kann. Da sind wir aber weit weg und ich habe auch nicht den Eindruck, dass es im Moment Mehrheiten dafür gibt uns dorthin zu entwickeln. Im Gegenteil.