Die Skala von "Übermut" bis "Panik" - Erfahrungen?

  • Moin Leute,


    ich habe gerade ein paar interessante Wasserstart-Übungsversuche hinter mir, siehe dazu auch den Thread hier.


    Ich muss schon sagen, als ich da so im tiefen Wasser hing und nichts gebacken bekam, und eine Welle nach der anderen, sei sie groß oder klein, mich da überrollte - da musste ich mich schon konzentrieren, ruhig zu bleiben. Ich glaube, Panik ist der größte Feind des (Wind-)Surfers. Habt ihr da Methoden, wie ihr euch da selbst beruhigt und auf den Boden der Tatsachen zurück holt?


    Und dann gibt es das andere Ende der Skala... Man fühlt sich total gut und safe und ballert los und überschätzt sich selbst, bzw. unterschätzt die Bedingungen. Passiert mir sicherlich auch mal und kann dann trotzdem auch gut gehen und Spaß machen, bin aber eher der Vorsichtsmensch. Man beobachtet aber doch manchmal andere Wassersportler, die waghalsige Unternehmungen machen und man sich fragt, ob sie gerade wissen, was sie tun ...


    Man sagt ja, insbesondere in der Surf-Szene, finde dein 'Chi' oder 'Chakra' oder wat weiß ich ... Habt ihr dazu Erfahrungen?


    Viele Grüße

    und Aloha

    Aloha!


    Fahren, gleiten, dümpeln, schreddern

  • Man sagt ja, insbesondere in der Surf-Szene, finde dein 'Chi' oder 'Chakra' oder wat weiß ich ... Habt ihr dazu Erfahrungen?

    Ich habs im Wasserstart-Thread schon geschrieben ... „Geduld“


    Ich muss es mir manchmal auch selbst vorsagen: „einfach Geduld ... ganz easy ...“

    Wenn ich allein (ablandiger Wind) im Meer surfe, und dann klappt nichts mehr, weil zu viel Wind,

    Wellen vergraben mein Segel, ich komme aus der Puste, nehme noch einen ungewollten Schluck

    Salzwasser ... dann einfach mal runterkommen. Aufs Board setzen. Ich nenne mein Adria-Revier

    „meine Badewanne“ ... was soll da schon passieren. 8)

  • Panik sollte man nicht aufkommen lassen, wenn es möglich ist eine kurze Pause machen wie Django beschrieben. Ich sage mir ich schwierigen Sutuationen die Handgriffe laut vor, die ich machen will, damit ich mich darauf fokussieren kann und die brenzlige Situation so weitgehend ausblende.


    Es hilft auch, wenn man sich vorher in einer ruhigen Minute mal durchdacht hat, was man in ganz besonderen Situationen tun will und kann, z.B. Mastfuss, Finne oder Mast bricht auf dem Meer, das Board wird im Meer von den Wellen schneller abgetrieben als man selbst schwimmen kann (auflandig, ablandig) usw.


    Wenn man was spezielles trainiert, kann man das auch so machen und such überlegen, welche ungünstigen Situationen können kommen.

  • Ich habe höllisch Respekt vor Strömung.

    Da kann zu wenig Wind zum Wasserstart sehr unangenehm werden. Deshalb fahre ich lieber an-/überpowert.

  • Atmen. Also nach einigen Versuchen das Rigg ins Wasser legen, zwischen Bug und Mast schwimmen (wenn man eh nicht schon dort ist) und das Matos gut festhalten, einfach floaten und ein paar mal tief durchatmen. Das hilft, um einen wieder runterzuholen. Wenn der Wasserstart mal nicht klappt, das Segel über den Kopf heben und auf die andere Seite werfen. Dann Schotstart und Dümpeln. Das Dümpeln, auch wenn der Wind zum Gleiten reichen würde, hilft, den Puls etwas runterzuholen.


    In einem Wellenrevier gilt das natürlich nicht, da muss man unbedingt aus der Brandungszone raus, koste es was es wolle. Erst danach kann man durchschnaufen.


    Eine gewisse Panik stellt sich beim Windsurfen oft ein. Und manchmal muss man einfach durchbeissen und sich in Sicherheit bringen. Da schalte ich dann den Kopf komplett aus und lasse Gedanken erst wieder in Sicherheit zu. Ist aber sicher nicht die beste Möglichkeit, um Panik zu verhindern, wenn man sich selbst immer "Weg, Weg, Weg" zuruft. Ich funktioniere aber glücklicherweise gut unter Druck :-) Manchmal gibts aber dennoch schlottrige Beine...


    War mal an einer Veranstaltung mit einem Big Wave Surfer. Er hat gesagt, dass er immer Angst hat. Angst ist gut. Nur muss man die Angst packen und oben links an den Rand schieben. So bleibt sie aus den Augenwinkeln sichtbar, der Fokus ist aber unbetroffen davon. Das war eine gute Metapher, die mir geblieben ist.


    Wenn man beispielsweise unter dem Segel im Wasser liegt und nicht aus den Tampen kommt, sich selbst einfach sagen, dass man genug Luft hat! Wissen, dass jeder Mensch die Luft mindestens eine Minute anhalten kann. Das beruhigt ebenfalls. Zur Sicherheit vielleicht auch mal zu Hause im Trockenen mit der Stoppuhr üben (bitte nur mit Aufsicht, wenn man das noch nie gemacht hat!). Erst wenn man sich selbst überzeugt hat, darf man sich um das Problem kümmern.


    Und natürlich hilft auch einfach die Erfahrung. Je mehr Zeit man im Wasser verbringt, desto besser kann man damit umgehen. Damit meine ich nicht nur Surfen, sondern auch mal Tauchen gehen oder einen Freedive Kurs belegen. Viel Schwimmen, viele Apnoeübeungen machen.


    Gibts hier keine Psychologen, die noch gute und evidenzbasierte Tipps haben?

    "Ich komme von einer Farm in der Wüste, wo es weit und breit keine Wellen gibt. Also, wenn ich Wave-Weltmeister werden kann, dann kannst du es auch, wenn du nur willst - Live your dream!!"

  • Gegen Panik auf dem Wasser wenn was nicht klappt hilft am besten schon im Vorfeld eine Risikobewertung und Notfallpläne zu machen. Wie ist der Wind? Strömung? Was kann im blödesten Fall passieren? Bei ablandigem Wind an offener See sollte man sich dann ggf. so aufstellen, dass dieverse Notsituationen nicht eintreten können. Ich fahre dann z.B. nicht das 7er Segel auf dem 86 Liter Board, weil genau in der Kombi ich bei blöder Welle keinen Wasserstart hinbekomme. Dann den 110er nehmen, da geht immer noch Schotstart. Oder 6,3, das kriege ich immer wieder raus. Oder es gibt einen Rettungsdienst...


    Wenn man dann im Wasser liegt und gerade nichts hinbekommt kann man einfach kurz nachdenken: OK, Wind ist auflandig, Strömung braucht noch ne Zeit bis die raus zieht, alles gut. 2 min Verschnaufen und beruhigen, dann nochmal versuchen. Im Notfall aufs Brett setzen und Notsignal geben. Kein Grund zur Panik.


    Gruß, Onno

    wissen ist macht. nicht wissen macht auch nichts.

  • Es gibt schon mal Situationen auf dem Wasser die man falsch einschätzt. Als ich im November 1986 das erste mal auf Lanzarote war, war ich in Famara Windsurfen. Als ich schon ganz weit draußen war, also sehr weit hinter der Brandungszone, kam dort plötzlich eine Wand an, so was hatte ich noch nicht gesehen. Ich drehte schnell das Board um, und schon brach das Monster über mir zusammen und ich war in der Waschmaschine. Es fühlte sich an wie der Schleudergang und Waschgang gleichzeitig. Als ich nach sehr langer Zeit wieder auftauchte, konnte ich kurz Luft holen und schon war ich wieder in der Waschmaschine, und so ging es eine ganze Zeit. Durch das lange Luftanhalten verließ mir die Kraft und leichte Seekrankheit stellte sich durch das Schleudern auch ein. Als ich endlich wieder Land unter den Füßen hatte, habe ich mir mit letzter Kraft an Land geschleppt und erst mal lange Zeit auf dem Boden gelegt bis die Kraft zurück kam.

  • Ich gehöre eher zu den übermütigen, denke mir, wird schon gut gehen. Ich achte aber dass ich nicht ganz allein bin auf dem Wasser. Mir gibt das Sicherheit. Auch wenn ich weiss, Boote sind am See oder eine Surfschule ist am Ufer und kann mich im Notfall zurück bringen. Bei starken und ablandigen Wind fahre ich auch nicht weit raus.

    Wenn ich merke die Kraft geht mir langsam aber sicher zu Ende, setzt ich mich aufs Board und atme ein paar Minuten tief durch, schau mich um, wo muss ich hin, wo kommt der Wind, sammle mich, rede mir zu ruhig bleiben, ruhig atmen und gebe mir noch einen Versuch bevor ich Zeichen gebe.

    Wenn der Puls runter ist, Schotstart und dann dümpeln bis ans Ufer, Segel eher offen, mal auch ohne Trapez, damit mich eine Böe nicht wieder ins Wasser wirft. Innerlich sage ich mir, bleib locker, du schaffst das und Lächeln 🙂 … das entspannt auch.

  • Oh Mann - was hätte ich da alles zu erzählen....

    Eine Geschichte vergess ich nie mehr. Es war am Gargano vor ca. 15 Jahren - Wind 7-8, Segel 4, Brett 85l - alles passt super - schöne Sprünge, tolle Welle zum abreiten bis... ja bis der Powerjoint reisst....

    Alles relativ nah am Ufer, ich also absolut ruhig, kann den Boden unter den Füssen immer mal wieder spüren, wozu also Panik ?...Nur - die Strömung zieht nicht in die gewünschte Richtung sondern nach draussen, der Küste entlang immer Abstand zum Ufer so 50-80m. Gibt mir die Gelegenheit auf dem Bord sitzend, mal die schönen "Grotten" an den mit Muscheln besetzten Felswänden zu betrachten.... Also da raufklettern ist nicht - und wenn's mich in so eine Höhle zieht, knallt mich die Welle dort an die Decke, das wär's dann gewesen...


    Hab kurz versucht zu schwimmen - das hab ich schnell aufgegeben. Hat zu viel Kraft gekostet, die ich irgendwann ja - wenn in 5km weiter wieder ein Strandabschnitt kam - noch brauchen würde. Und am Hafen von Vieste vorbei würden die mich ja wohl nicht treiben lassen...oder ??


    Am Ufer eine Helferkolonne, angeführt von meiner Frau und meiner Tochter, immer schön Blickkontakt. Am Ufer große Aufregung, ich auf dem Wasser die Ruhe selbst.... sind ja alle da.... ich also beide Daumen hoch auf dem Brett gehockt und einfach mal gewartet. Wellen so um die 3m hoch, Wind immer mehr abflauend, also selbst wenn ich eine Notreparatur bei dem Wellengang hinbekommen hätte, hätte der Wind letztendlich nicht mehr gereicht um da fahrend raus zu kommen.


    Dann kam eine kleine Bucht und genau da hinein lief die Strömung,. Dort gab's eine Steintreppe wo einer der Helfer bereits auf mich wartet und mir zurief, dass ich das Material wohl opfern müsse bei dem Wellengang. Es dauerte 10 Minuten, bis wir bei dem ständigen auf und ab endlich "Handshake" machen konnten und er mich rauszog - das Material war bereits am Ufer, von einer Welle einfach so rausgeworfen. Keine Kratzer - Segel heil und ich absolut wohlauf - unverständlich.....


    Hatte in keiner Sekunde Panik - hab alles richtig gemacht. Die jahrelangen Erfahrungen haben schon was für sich....

  • nein - keine Sicherung des Powerjoints - hab's erst während dem "Rumtreiben" befestigt mit der Überlänge vom Trimmschot, so dass ich mich nicht auch noch um ständiges Festhalten beider Teile kümmern musste - auf 85l sitzt es sich nicht sooo bequem bei Wellengang...

  • atmen hilft


    hier ein guter beitragdazu auf arte


    panik - ist ein schlechter begleiter, ich weis nicht so recht ab welcher eskalationsstufe ich von panik sprechjen würde


    recht gestresst war ich schon manchmal, hatte aber iummer im kopf "ruhig bleiben, plan befolgen"


    so stresssituationen gabs vor langer zeit als vor fuerte mla ein hai neben meinem board schwamm - war im dümpeln und das board ein langes kleppetr schwertboard. und das schöne tier war länger als mein board - jedenfalls in meiner wahrnehmung. hab ich in meinem kopf die alten hans hass filme abgespielt und dran gedacht dass ich die ja auch beim tauchen sehe, dann wars wieder gut


    ostern finnenbruch am ponale... ok - den begleiter um hilfe schicken und zur beruhigung mal abriggen


    das erste seglerische "panikerlebnis" war ca mit 12 - am see, schulsegeln, ich vorschot im trapez, der ungeübte steuermann macht wende ohn ankündigung, kentern, ich im trapez, sgel über mir ich unter wasser, und verwickelt in alle schoten - der trainer hats gerichtet.



    wir haben zum "paniktraining" dann mit unseren kindern / jugendgruppen einfach geübt. z.b . nachts m see schwimmen, wer will schnorcheln - zwischen den seerosen. wer mit der UW lampe einen aal sieht... - das wurde zum spiel und keiner hatte mehr angst vor "schlingpflanzen"


    am meisten gestresst war ich iBa windsurfen vermutlich als sohn und jugendgruppe beim ersten mal "richtige" brandung in Zandvoort raiusgingen. gerade mal so um die 14/15, alle gute surfer aber eben binnensee und westfront mit regen an der nordsee. das war anspannung pur - ist aber auch sehr gut gegangen


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  • Nur muss man die Angst packen und oben links an den Rand schieben. So bleibt sie aus den Augenwinkeln sichtbar, der Fokus ist aber unbetroffen davon. Das war eine gute Metapher, die mir geblieben ist...

    Ja, der Fokus ist unmittelbar, eigentlich schon in dem Moment, wenn ich merke, jetzt geht was schief, auf der Lösung. Solange ich diese für möglich halte, ist die Panik im Hintergrund.

    An der playa del ingles bin ich mal ziemlich weit draußen bei einem Sturz mit den Füßen auf etwas gelandet, was sich sehr groß und weich anfühlte. Das war Panik pur. Der Wasserstart war der schnellste aller Zeiten.

    Wahrscheinlich war es nur eine Sandbank.

    Obwohl 😱 das fühlte sich anders an 😰

  • Betrifft jetzt nicht mich, aber einen meiner besten Surf-Kumpel der damals einen Surf-Shop betrieb


    Wir waren für alle damaligen Marken und "Surf" zum Board testen auf Sri Lanka (Hambantota), ich glaube das war 1984


    er vor mir praktiziert auf einmal einen gewaltigen Schleudersturz weil er auf irgend etwas aufgeprallt ist. Er liegt auf dem Rücken - zum Glück in voller Montur - bewegt sich so wenig wie möglich mitten in einem Meer von Quallen und ruft mir zu "hol mich hier raus und schub's das Brett zu mir her..." sah echt Scheisse aus für ihn...


    Später wurde uns gesagt, dass diese Art von Quallen nicht gefährlich sei - aber das wussten wir ja nicht zu dem Zeitpunkt. Die Schildkröte die er gerammt hatte war am Verenden und trieb an der Wasseroberfläche. Sie war riesig - hatte einen Durchmesser von 1.5m und es brauchte 10 Einheimische, um das Tier später an Land zu holen. Die fuhren damals noch mit Einbäumen mit Ausleger raus um die Schildkröte zu suchen....


    Im Nachhinein bestand ja keine Gefahr - aber im Augenblick der Ereignisses ging schon ziemlich "die Muffe"