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ZitatAlles anzeigenIn letzter Minute an den Strand
Surfer wird der Pass gestohlen – deshalb verpasst er fast Olympia
krp.
Im kommenden Sommer ist Surfen zum ersten Mal olympisch. Das Internationale Olympische Komitee (IOK) hat die Sportart Anfang August 2016 zusammen mit Baseball, Skateboarding, Karate und Klettern ins Programm genommen. Im Wellenreiten wurde diskutiert, ob die Wettkämpfe in einem Pool mit künstlichen Wellen oder im Meer ausgetragen werden sollen. Die Wahl fiel auf die Natur und den Shidashita Beach in Chiba, das 65 Kilometer ausserhalb von Tokio liegt. Um die bestmöglichen Wellen zu gewährleisten, stehen die gesamten 16 olympischen Wettkampftage zur Verfügung. Ist der Event einmal gestartet, soll er aber in zwei Tagen durchgeführt werden.
Italo Ferreira will bei der Premiere dabei sein; er gehört zu den besten Surfern der Welt und hat Chancen auf eine Medaille. Um an Olympia teilnahmeberechtigt zu sein, musste Ferreira an den ISA World Games im japanischen Miyazaki teilnehmen. Dort werden Quotenplätze für Olympia vergeben, jedes Land darf in Tokio zwei Frauen und zwei Männer an den Start schicken.
Beinahe platzte Ferreiras Traum aber wegen einer Serie von Missgeschicken. In Los Angeles wurde dem 25-jährigen Brasilianer der Pass mit den Visa für die USA und Japan gestohlen. Schliesslich entschloss er sich, mit einem Ersatzpass nach Tokio zu fliegen und dort auf der US-Botschaft ein neues Visum zu beantragen. Der Flug hatte aber wegen eines Hurrikans im Pazifik achtzehn Stunden Verspätung. Ferreira musste den Termin auf der Botschaft verschieben – auf den vergangenen Dienstag, den ersten Wettkampftag in Miyazaki.
Nach der Ankunft in Tokio fuhr Ferreira so schnell wie möglich zur US-Botschaft, liess sich ein Visum ausstellen, eilte zurück an den Flughafen und flog nach Miyazaki. Dort holten ihn Betreuer des brasilianischen Teams ab und fuhren ihn an den Strand. Ferreira hatte Glück, dass der Wettkampf witterungsbedingt um eine Stunde verschoben wurde. Neun Minuten vor dem Ende seines Laufes schaffte er es an den Start, in Jeans-Shorts und mit einem geliehenen Surfbrett. Trotz improvisierter Ausrüstung gewann er seinen Qualifikationslauf – der Final findet am kommenden Sonntag statt. Ferreira hat die Chance auf Olympia gewahrt.
Wird sich Ferreira für die Spiele qualifizieren, wird er in mehreren Runden und Läufen gegen seine Konkurrenten antreten. Dabei surfen drei oder vier Athleten gegeneinander. Jeder Surfer versucht so viele gute Wellen wie möglich zu reiten, am Schluss zählen die besten zwei Durchgänge. Fünf Punkterichter bewerten die Surfer nach den Kriterien «Engagement und Schwierigkeitsgrad», «innovative und progressive Manöver», «Kombination der Manöver», «Vielfältigkeit der Manöver» sowie «Geschwindigkeit, Power und Flow».
Aus dem NZZ-E-Paper vom 13.09.2019