Servus...
Ich habe zufällig einen netten "alten" Bericht über Jutta Müller gefunden...
ZitatAlles anzeigenMiss Windsurfing
13. November 2006
Am Windsurfing-Zenit angekommen:
Weltmeisterin Jutta Müller hat allen Grund zum Strahlen
Heute vor 15 Jahren: Jutta Müller wird Weltmeisterin
Eine Pfälzerin zeigt 1991 der gesamten Surf-Elite, dass auch eine Deutsche mit Brett und Segel umgehen kann.
Hookipa Beach Park ? Strand, Sonne, Palmen und Wellen. Die Welt-Elite des Windsurfens ist versammelt, die letzte Heat gesurft und der Sprecher des Aloha Classic-Worldcups verkündet die Gewinnerin der Gesamtwertung 1991 ? Jutta Müller, Germany.
?Im ersten Moment hat es mir komplett die Füße weggezogen und ich dachte, ich muss ohnmächtig werden. Ich glaube, ich habe richtig dumm geguckt?, beschreibt die heute 38-jährige Surferin die Emotionen nach ihrem größten Erfolg. Als erste Deutsche wurde sie am 10. November Weltmeisterin.
Zeichen auf Sieg > Bereits im Jahr 1990, in dem ihr ein Sponsoringvertrag den richtigen Einstieg in den Profisport ermöglicht, hat sie den Gesamtsieg im Visier, doch sie muss gesundheitliche Rückschläge einstecken. ?Ich hatte in dem Jahr sehr gute Events, doch zog ich mir bei Stürzen Rippenbrüche und einen Milzriss zu?, sagt die Pfälzerin. Dennoch wird sie Weltmeisterin im Slalom und Sechste in der Gesamtwertung.
Auf ein Neues 1991: 25 Weltcup-Stationen, bei denen in den drei Disziplinen Kursrennen, Welle und Slalom Punkte für die Rangliste gesammelt werden können, inklusive dem Finale auf der hawaiianischen Insel Maui. Beim Tourstart in Neu Kaledonien unterstrich die blonde Wassernixe ihr Vorhaben eindrucksvoll. Als einzige Starterin aus dem Team Germany siegt sie in zwei Slalomserien und reiht sich auf Platz zwei hinter der spanischen Vorjahresgesamtsiegerin Britt Dunkerbeck ein. Ein Ergebnis, das die Zuschauer bei den Weltcup Stationen oft aus den Lautsprechern hören sollten: ?Britt Dunkerbeck first, Jutta Müller second??
Dunkerbeck, ein bekannter Name in der Surfwelt. Die Geschwister Björn und Britt, in Dänemark geboren mit niederländischem Vater, zogen als Kinder nach Gran Canaria und starten für Spanien. Björn war stets der Konkurrent für Robby Naish, Britt die Konkurrentin für Jutta Müller.
Doch getreu ihrem Lebensmotto ?Ganz oder gar nicht? lässt sie sich nicht von ihrem Ziel abbringen. Durch Siege in Omaezaki (JPN), Curacao (AHO) und der Dominikanischen Republik reist sie letzendlich als Weltranglistenerste in allen Disziplinen nach Maui und gilt als Titelaspirantin. ?Meine Mutter hat versucht, vorher zu errechnen, welche Platzierung für den Gesamtweltcup reichen würde, aber wirklich sicher konnten wir uns erst nach dem letzten Heat sein.?
Es war also noch alles offen im Kampf um die Miss Windsurfing-Krone und die Konkurrenz wartete gespannt auf einen Ausrutscher. Ob sie sich nach ihrem letzten Heim-Start auf Sylt, bei dem sie sich ihrer Teamkollegin Nathalie Siebel geschlagen geben musste, auf die hawaiianische Wärme freute, erwidert Jutta Müller rückblickend: ?Ich war so unglaublich nervös, ich hätte auch in Sibirien starten können?. Die Nerven zeigten sich direkt in den ersten Kursrennen. In allen drei Serien sieht sie die Fußschlaufen ihrer stärksten Konkurrentin Britt Dunkerbeck nur von hinten. Bitterer jedoch das Ausscheiden im Viertelfinale der Wave-Riding-Disziplin gegen die Australierin Jessica Crisp. Schlechte Wetterverhältnisse mit hohen Wellen, aber wenig Wind machen der großen Blonden zu schaffen. Resultat: Platz fünf in der Welle.
Doch die immer näher rückende Dunkerbeck muss nach dem Halbfinale ebenfalls ihre Surfausrüstung einpacken. Kollegin Nathalie Siebel kickt die Konkurrentin von der Welle. Zwar gewinnt Dunkerbeck die abschließende Slalomdisziplin, aber Jutta Müller belegt Platz zwei. Das Rechnen bei den Offiziellen geht los ? dann die endgültige Wertung der ?Professional Windsurfing Association?: Jutta Müller ist Gesamtsiegerin.
Aber der Jubel kommt erst später: ?Auch wenn man weiß, dass es möglich ist, so richtig rechnet man dann doch nicht damit und dann ist man erstmal völlig baff.? Ein Lächeln gab es zum Schluss doch noch ? im Schwitzkasten der jubelnden Teamkollegen.
Erst der Anfang > Gesamtsiegerin, Weltmeisterin im Kursrennen, Vize-Meisterin im Slalom und Dritte in der Welle, so das finale Resultat 1991. Am Windsurfing-Zenit angekommen, ruht sich die 23-Jährige jedoch nicht auf diesem Erfolg aus. Spitzenplatzierungen und Einzeltitel häufen sich in den folgenden sieben Jahren. Allerdings gelingt es ihr in ihrer Karriere nicht, den Gesamttitel ein weiteres Mal zu erringen ? sieben Mal ist sie Vizemeisterin, damit zwar ganz oben in der Welt, aber die ewige Zweite, bevor sie Ende 1998 ihr Surfbrett das letzte Mal aus dem Wasser trägt. ?Ich bin immer so gut gefahren wie es ging. Aber vielleicht wäre die Motivation eine andere gewesen, wenn ich noch nie den Gesamttitel gewonnen hätte?, erklärt Jutta Müller heute. In den ersten Jahren muss sie sich ihren härtesten Konkurrentinnen Britt Dunkerbeck und Jessica Crisp geschlagen geben, später der Französin Nathalie Leli?vre.
Miss Tabletop ? wie sie einmal nach ihrem Lieblingssprung in der Welle genannt wurde ? lebt heute auf Maui, arbeitet und hat sich ihren Traum vom eigenen Pferd erfüllt. Wellen reitet sie nur noch selten. ?Es war eine sehr schöne Zeit, aber so gut wie damals werde ich nie wieder sein, und dann lass ich es lieber ganz?, lächelt die Wahl-Amerikanerin. Mit anderen Worten: Ganz oder gar nicht.
ANDREA POLLS
Foto: imago